07.11.2019

Gedenkstättenfahrt nach Oswiecim 2018

 Wie schon im Jahr 2017 nutzte das Schalker Fanprojekt die Länderspielpause im Oktober, um zusammen mit der Abteilung Fanbelange und Schalke Hilft eine weitere Gedenkstättenfahrt nach Oswiecim (Auschwitz) durchzuführen. Zusammen mit 26 Fans des FC Schalke 04 ging es am 11.10. los.

Am frühen Mittwoch Abend trafen sich die Teilnehmenden an unseren Räumlichkeiten in der Glückauf Kampfbahn. Nach einer kurzen Begrüßung wurde der Ablauf der folgenden Tage das erste Mal präsentiert. Im Anschluß luden wir unser Gepäck, etwas Verpflegung für die Fahrt und unsere Materialien für die Workshops in den Bus.

Anders als bei der letztjährigen Fahrt ist das direkte Ziel die internationale Jugend und Begegnungsstätte in Oswiecim, welche von Überlebenden der KZ’s in Auschwitz gegründet worden ist. Nach einer kurzen Begrüßung des Hauses und einem Mittagessen macht sich die Gruppe auf zum Stadtrundgang der Stadt, die heute eher als Auschwitz bekannt ist, als unter ihrem ursprünglichen Namen Oswiecim. Linus, ein FSJ’ler der Begegnungsstätte führt uns durch die polnische Kleinstadt, dabei berichtet er über das Leben der Stadt vor der Eroberung und Besetzung Polens. Oswiecim, eine Stadt mit über 500 jähriger jüdischer Geschichte wird das Symbol für die Verbrechen im zweiten Weltkrieg und ist fortan, bis heute unter den Namen Auschwitz bekannt. Im jüdischen Museum der Stadt ist das Leben vor der Besetzung festgehalten, wie die Stadt lebte, dass jüdische Mitbürger*innen die Stadt prägten und Teil von ihr waren. Heute leben keine Menschen jüdischen Glaubens mehr in Oswiecim.

Früh am darauffolgenden Morgen und vertieft in Gedanken machten sich die 26 Schalker*innen auf den Weg zum Stammlager, welches das kleinere aber erste Lager ist in Auschwitz. Seltsam und etwas irritierend erschien das geschäftige, touristische Treiben rund um den Eingang zu einem Ort des wirklichen Schreckens. Zwischen Menschentrauben und Souvenirläden sammelt sich die Gruppe und wird mit Kopfhörern für die Führung ausgestattet.

Aufgewühlt passiert die Gruppe erstmals das Tor mit dem Schriftzug „Arbeit macht Frei“, viele halten inne und nehmen sich einen Moment Zeit um zu realisieren, dass man angekommen ist an einem der Plätze, wo eines der größten Verbrechen der Menschheit geschah. Die Orte sind bekannt, der Appellplatz, die Baracken, aber vor Ort wirkt alles anders,greifbarer und doch weit weg. Über die Kopfhörer werden die Teilnehmenden mit den Gräueltaten der Nazis in diesem KZ konfrontiert. Sichtlich mitgenommen besuchen wir unterschiedliche Baracken mit unterschiedlichen Ausstellungen, beispielsweise Kochutensilien jener Menschen die Gefangene dieses Lagers waren, hier lebten und hier starben. In einem anderen Raum ist ein riesiges, meterlanges Buch aufgebaut, in dem die Namen aller Opfer der NS-Zeit niedergeschrieben stehen um zu erinnern und niemals zu vergessen.

Mittlerweile ist es Nachmittag, die Gruppe beschließt den Weg zur IJBS zu laufen. Während des Weges ist der ein oder andere noch sehr mit sich beschäftigt, andere versuchen das Erlebte zu verarbeiten und tauschen sich mit anderen Teilnehmenden aus.

Nach einer kurzen Mittagspause kommen wir in einem Seminar innerhalb der IJBS zusammen, um anzufangen das Erlebte in irgendeiner Form zu verarbeiten. Jeder der 26 Schalker*innen äußert sich in einer Reflexionsrunde zu dem Besuch des Stammlagers. Die bedrückende Stimmung ist greifbar und man merkt, dass diese Reflexionsrunde der Gruppe gut tut, denn niemand muss allein mit seinen Eindrücken sein, im Gegenteil ein unterstützender Austausch des Erlebten ergibt sich. Im Anschluss hielten Martin und Benny noch einen kurzen Workshop, indem wir erörterten wie man das Erlebte in seinen Alltag partizipieren kann, unter anderem auch in seinem Dasein als Fan von Schalke 04. 

Am nächsten Morgen geht es erneut früh los für die Gruppe, denn heute ist das Ziel Auschwitz-Birkenau. Ein Ort des Verbrechens und einer der Orte des größten Ausrottungsversuches von Menschen unterschiedlichen Glaubens, von Querdenkern und angeblicher Staatsfeinde.

Vor den Toren des Vernichtungslager sammelt sich die Gruppe und begibt sich zu nächst auf den Ausguck des Tores. Auch dieser Ort ist bekannt von Bildern oder Filmen, trotzdem ein erschreckendes Gefühl die Rampe des Lagers erstmals zu sehen. Eine trübe Nebeldecke liegt über dem gesamten Lager, so dass man die Ausmaße des Lagers nur erahnen kann. Anders als im ersten Stammlager besichtigen die Teilnehmenden zusammen mit dem Guide des Vortags die Ruinen der Baracken, die für sich stehen. Schon früh setzen sich immer wieder Mitglieder der Gruppe ab um einen Moment für sich zu haben. Angekommen an der Rampe nimmt sich jeder einen Moment, um zu realisieren, dass man sich an einem der Orte der Welt befindet, an dem systematisch und auf perverser Art und Weise die Vernichtung von Millionen Menschen stattfand. Zu sehen an welchen Orten Menschen wie Vieh gehalten wurden, ihrer Identität beraubt wurden und schlussendlich ihr Leben verloren erschütterte uns alle. Die Dimensionen dieser Gräueltaten und die Perversität jener die diese Taten ausübten zeigt sich zudem in der Struktur des Lagers. Alles wurde auf einer Gesamtfläche von 1,7 Quadratkilometer bis ins kleinste Detail perfekt geplant.
Die Gruppe durchquert die letzten Meter des Lagers und gelangt schlussendlich wieder zu dem typischen Eingangstor des KZ’s, noch einmal nimmt sich jeder der Teilnehmenden einen Moment Zeit für sich, ehe wir aufbrechen zur ersten „jüdischen Rampe“. Bei warmen Wetter läuft die Gruppe einen 10 minütigen Weg zu dem Ort, an dem die ersten Juden in Auschwitz-Birkenau angekommen. Hier an diesem Ort gedenkt die gesamte Gruppe nochmals den Opfern der NS-Zeit, und legt kleine Gedenksteine auf einem Wagon nieder.

Während der Busfahrt zurück zur Begegnungsstätte, verarbeitet jeder die gewonnenen Eindrücke anders, aber oft für sich bleibend. Nach einem kurzen Mittagessen trafen wir uns wieder im Seminarraum, um über das Erlebte zu sprechen, manch einem hilft es und er kann unmittelbar beginnen und erzählen, andere brauchen Zeit und hören einfach zu. Während dieser Reflexionsphasen haben jedoch alle Teilnehmenden gesagt, dass sie es für äußerst wichtig und gut halten nicht mit den erschütternden Bildern alleingelassen zu werden.

Was bleibt ist das Unverständnis, das so ein Verbrechen durchgeführt werden konnte, so viele Menschen ermordet wurden, weil andere Menschen wegschauten. Heute knapp 75 Jahre später gibt es wieder einen beängstigten großen Anteil in unserer Gesellschaft, der Unterschiede zwischen Menschen macht, weil sie eine andere Haar- oder Hautfarbe haben, einer anderen Religion oder Kultur angehören oder in anderen Ländern geboren wurden.

Niemals dürfen wir Vergessen, Niemals dürfen wir wegsehen. Nie wieder Faschismus!