12.11.2014

Istanbul United – Ein Besuch bei den Fangruppen vor Ort

Im Zuge der Veranstaltungen zum Thema “Taksim ist überall“ und dem Film “Istanbul United“ machte sich am 06.10.2014 eine Reisegruppe aus Wuppertal und Gelsenkirchen auf den Weg nach Istanbul, um mit Vertretern aus den Fanszenen der drei großen Istanbuler Vereine über die Geschehnisse rund um den Gezi Park im Jahr 2013 zu sprechen. 17 Jugendliche aus beiden Fanszenen und Vier Fanprojektmitarbeiter gingen den Beweggründen und Folgen für die Protagonisten auf die Spur.

Während der Montag noch zum ersten kennenlernen der Stadt genutzt wurde, ging es am Dienstag früh auf eine Stadtführung zur Haggia Sophia und der Blauen Moschee. Auf dem Weg dorthin gab es allerlei schöne Straßen und Ecken zu entdecken. Aber auch historisches und Informatives wusste unser Reiseleiter und Dolmetscher Matthias zu berichten. Von der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im 15. Jahrhundert, bis zur Gründung der Türkischen Republik erzählte er die Geschichte Istanbuls.

Am Abend stand dann das erste Treffen mit einer der drei Fanszenen auf dem Programm. Der Weg führte uns nach Be?ikta?, wo wir Vertreter der Gruppe Çar?? trafen. Nach einem Gruppenbild und einem kleinen Rundgang durch den Stadtteil ging es in eine nahegelegene Lokalität, um in geselliger Runde vor allem über die Folgen der Gezi-Proteste zu sprechen. Denn gerade diese Gruppe leidet sehr unter den starken Repressionen im Nachgang. So stehen einige Gruppenmitglieder derzeit vor Gericht, wo Ihnen lange Haftstrafen drohen. Aber auch die Einführung der neuen Fankarte „PassoLig“ und daraus resultierende Probleme und Proteste wurden genauso angesprochen, wie die derzeit schwierige Situation um den Stadionneubau und die weit entfernten Ausweichstadien. Nach einem sehr schönen und interessanten Abend wurden einige Kontaktdaten ausgetauscht und Einladungen ausgesprochen. Gerade auch im Hinblick auf die Vernetzung mit der Türkischen Community in Wuppertal und Gelsenkirchen sind diese Kontakte sehr förderlich. So können Vorurteile abgebaut werden, in dem die Jugendlichen als Multiplikatoren in den eigenen Fanszenen von den Erfahrungen und den Kontakten berichten.

Der Mittwoch Vormittag konnte frei gestaltet werden, sodass sich einige Teilnehmer den großen Bazar genauer anguckten, andere wiederum erkundeten die Innenstadt, oder nutzten die Zeit um ein wenig Schlaf nachzuholen. Am Nachmittag ging es dann mit der Fähre auf den asiatischen Teil. Kad?köy, in dem Fenerbahçe zu Hause ist, bietet allerhand Sehenswertes. Nach einem kleinen Rundgang und anschließendem gemeinsamen Essen, machte sich die Gruppe auf den Weg zu Räumlichkeiten der Fener-Fanszene. Hier fand an diesem Tag ein ganz besonderes Treffen statt. Vertreter aller drei großen Istanbuler Clubs erarbeiteten ein Manifest für Fanrechte. Es ging neben staatlicher Repression und der Einführung der Fankarte vor allem um einen gemeinsamen Standpunkt und eine verbesserte Zusammenarbeit bei solchen Themen. Diese Versammlung entstand aus einer Veranstaltung mit FSE und KOS einige Wochen zuvor. Im Anschluss an diese ausgiebige Diskussion nutzten viele Jugendliche die Möglichkeit sich mit den Teilnehmern auszutauschen.

Am nächsten Tag teilte sich die Reisegruppe wieder auf. Während die Einen den Galaturm und das Umliegende Viertel, sowie später noch einmal den asiatischen Teil näher erkundeten, machten die Anderen eine Tour auf eine Verkehrsfreie Insel, um sich im Wasser zu erfrischen und in der Natur zu erholen. Am Abend trafen sich Alle zum gemeinsamen Essen und dem Treffen mit einem Vertreter der Fanszene von Galatasaray. Dieser stand in sehr interessanten Gesprächen Rede und Antwort, woraus sich eine sehr nette und ausschweifende Unterhaltung über viele verschiedene Themen ergab. Den Abend ließ die Gruppe dann im Istanbuler Nachtleben ausklingen und feierte gebührenden Abschied von dieser tollen Woche. Am nächsten Mittag ging es dann mit dem Flieger zurück.

Insgesamt war es eine sehr aufschlussreiche und interessante Woche. Alleine die Einblicke in die verschiedenen Themen und Gruppen, die wir bekommen haben, machen diese Fahrt zu einem besonderen Erlebnis. Durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Demokratie am Beispiel der der Proteste im letzten Jahr, konnte das Demokratieverständnis gestärkt werden. Gerade der Austausch mit Fans aus Istanbul und das von den Drei Fanszenen gemeinschaftlich ausgearbeitete Manifest hat nachhaltig Eindruck hinterlassen. Geschlossene Kontakte werden nun genutzt, um einen weiterführenden Austausch zu ermöglichen. Dieser Einblick in eine andere Kultur und deren Vor- und Nachteile hilft beim Abbau von Vorurteilen und fördert das Interesse an politischen Themen insgesamt. Aber auch die Stadt Istanbul hat uns interessante Einblicke gewährt.

Besonderer Dank gilt der DFL, als Finanzier, unserem Reiseleiter Matthias, den Gruppen, die wir vor Ort treffen durften und auch den Kollegen vom Wuppertaler Fanprojekt, ohne die diese Tour nicht möglich gewesen wäre.