16.04.2014

ZIS-Datei Thema im Landtag NRW

Die ZIS und die von ihr geführte Datei „Gewalttäter Sport“ steht immer wieder im Fokus der Kritik, nicht nur der der Aktivenszene. Jüngst hat sich der Landtag in einer Sitzung des Innenausschusses damit befasst und am 3.April folgende Pressemeldung veröffentlicht, die sicher viele interessieren dürfte:

ZIS-Jahresbericht Fußball: Fehlt die wissenschaftliche Aufbereitung?

Über die Datenerhebung zu Gewalttaten bei Fußballspielen haben heute Sachverständige in einer gemeinsamen Sitzung des Innen- und Sportausschusses beraten. Hintergrund ist ein Antrag der Piratenfraktion, in dem diese eine optimierte und wissenschaftlich begleitete Datenerfassung der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) fordert. Ein Fananwalt warf der ZIS vor, die Öffentlichkeit mit unreflektierten Zahlen in die Irre zu führen. Hingegen betonten polizeinahe Vertreter, der Fußball-Jahresbericht erhebe gar keinen wissenschaftlichen Anspruch.
„Der ZIS-Jahresbericht stellt keine wissenschaftliche Studie an sich dar“, unterstrich Jürgen Lankes von der zuständigen Informationsstelle im Gespräch mit den Abgeordneten. Auch Ingo Rautenberg vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste betonte, dass die Daten lediglich die polizeiliche Erfahrung widerspiegelten – samt der einfließenden Expertisen von Polizeibehörden und örtlichen Netzwerkpartnern. Gleichzeitig machte Rautenberg deutlich: „Die ZIS will sich keinesfalls wissenschaftlichen Studien verschließen.“ Der Bericht könne den Anstoß hierfür geben.
Seit 20 Jahren bewertet die Informationsstelle mit Sitz in Duisburg bundesweit die Sicherheitslage bei Fußballspielen und liefert damit die Grundlage für die Polizeieinsätze vor Ort. Sie stelle sicher, dass die zuständige Dienststelle über die einsatzrelevanten Hinweise verfüge, erläuterte Frank Mitschker vom Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft. Der polizeiliche Informationsaustausch habe sich im Wesentlichen bewährt, befand Lankes. Die Berichte der ZIS entsprächen den aktuellen polizeilichen Anforderungen.

Verletzte durch Pfefferspray und Pyrotechnik

Basis für den ZIS-Jahresbericht sind laut Rautenberg die jährlich rund 2.000 Verlaufsberichte der Polizeibehörden im Nachgang zu den einzelnen Fußballpartien. Schon aus zeitlichen Gründen müsse sich der Erhebungsbogen daher auf bestimmte Kennzahlen beschränken. Sowohl er als auch Lankes wiesen aber darauf hin, dass die ZIS zusammen mit den Landesinformationsstellen Sporteinsätze (LIS) den Bogen regelmäßig überprüfe und anpasse. So würden seit zwei Jahren die Reisewege der Gewalttäter mit erfasst und in Zukunft auch durch Pfefferspray oder Pyrotechnik Verletzte speziell ausgewiesen.
Anders als suggeriert sei der ZIS-Bericht mitnichten lediglich ein polizeiinternes Werkzeug, stellte der Fürther Fananwalt Jahn-Rüdiger Albert klar. Vielmehr mache die Informationsstelle mit den Zahlen PR und Politik. Dies bewertete er als problematisch, da die Daten für die Öffentlichkeit häufig irreführend seien, betonte der Fananwalt. Dadurch ist nach seiner Einschätzung in den vergangenen Jahren ein unrealistisches Bild der tatsächlichen Gefährdungslage entstanden. So beziffere die ZIS unter anderem die Zahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren, nicht aber die der eingestellten Verfahren, bemängelte Albert: „Insofern sind diese Zahlen nicht aussagekräftig.“ Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Daten bewertete er als notwendig.

Datenschutz: Rückschlüsse auf Personen

Zudem sah Albert Probleme beim Datenschutz: Über die in den Jahresberichten geschilderten Fälle könne man sehr wohl Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen – insbesondere in Kombination mit teils sehr ausführlichen Medienberichten. Datenschutzkonflikte gebe es darüber hinaus bei der Erfassung von Personen in der Sport-Gewalttäterdatei und der anschließenden hundertfachen Datenweitergabe nach dem Gießkannenprinzip an Dritte – etwa an Vereine, die so Stadionverbote erteilen könnten. Darüber hinaus tauchten sowohl in dem Bericht als in der Datei friedliche Fans auf, teils ohne davon in Kenntnis gesetzt zu werden, kritisierte Albert. Selbst nach eingestellten Ermittlungsverfahren hätten es Betroffene schwer, ihre Daten wieder aus der Datei löschen sowie Stadionverbote aufheben zu lassen.