Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG) zur Debatte in Folge der Veröffentlichung des „Jahresbericht Fußball für die Saison 2011/12“ des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW (LZPD NRW) u. der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS)
Mainz / Jena, den 26.11.2012
Die BAG der Fanprojekte zeigt sich empört von den jüngst erschienenen Presseartikeln und dem populistischen Auftreten der Polizeigewerkschaften in Bezug auf die von der ZIS veröffentlichte Statistik. Diese Stimmungsmache zeichnet ein völlig verzerrtes und unreales Bild der aktuellen Situation rund um Fußballspiele in Deutschland und ist in dieser Form nicht mehr hinnehmbar. Hier argumentieren Vertreter der Polizei mit Daten, die sie selber erhoben haben. Die Statistik ist keine wissenschaftlich fundierte empirische Studie. Vielmehr werden hier Zahlen präsentiert, die sich perfekt in die aktuelle Sicherheitsdebatte und die aufgeheizte Stimmung zwischen Fans und Verbandsfunktionären einreihen lassen.
Im Vergleich der Hysterieartikel fällt auf, dass plakativ mit Zahlen der ZIS-Statistik umgegangen wird, ohne die Hintergründe zu erfragen bzw. die richtigen Fragen zu stellen. Laut ZIS-Statistik gibt es eine Zunahme der verletzten Personen bei Fußballspielen, aber dass die Besucherzahlen um 1,3 Millionen Menschen zugenommen haben, interessiert dabei die wenigsten. Auffällig in diesem Zusammenhang ist die Abnahme der Anzahl verletzter Polizisten und die Zunahme verletzter Fans. Bedeutet dies, dass die Polizei sich selber besser schützen kann als die Fans? Oder deutet die Zunahme der verletzten Fans nicht möglicherweise auf vermehrt unverhältnismäßige Maßnahmen durch die Polizei hin (Stichwort: Pfeffersprayeinsätze)? Leider gibt die ZIS-Statistik darüber keine genaue Auskunft.
Die BAG der Fanprojekte nimmt mit Besorgnis die Zunahme der Arbeitsstunden der Polizei zur Kenntnis. Allerdings erscheint es bei den teilweise unangepassten und überdimensionierten Polizeieinsätzen nicht verwunderlich, dass Arbeitsstunden in die Höhe schnellen und enorme Kosten verursachen.
Natürlich ist die BAG der Fanprojekte über die Zunahme der registrierten Straftaten besorgt, doch hier gibt die ZIS-Statistik keinerlei Auskunft über die Form der Tat. Es ist zum Beispiel auch das vermehrte Abbrennen von Pyrotechnik nach dem Abbruch der Gespräche des DFB und der DFL mit der Initiative „Pyrotechnik legalisieren“ in dieser Statistik zu berücksichtigen.
Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der verstärkte Einsatz von Polizeikräften zwangsläufig auch zu einer Steigerung der Aufklärungsquote führt. Hieraus einen generellen Anstieg an Straftaten herzuleiten ist nicht seriös.
Die Forderung der GdP, Schnellgerichte einzurichten und im Stadion Staatsanwälte bereitzustellen, steht in keinem Verhältnis zu dem im Grundgesetz verankerten Artikel 101.
Ebenso die Forderungen nach Fußfesseln erscheinen unverhältnismäßig und vollkommen überzogen. Das Stadion und das Umfeld bei einem Fußballspiel sind nicht losgelöst von der normalen Gerichtsbarkeit. Es kann nicht sein, dass ausschließlich für eine bestimmte Gruppe im Fußballkontext Sanktionen und Strafen erfunden werden, die auch nur dort verhängt werden sollen. In Betracht muss auch die Unverhältnismäßigkeit zwischen Strafanzeigen und den rechtskräftigen Verurteilungen bzw. Freisprüchen / Einstellungen von Strafverfahren gezogen werden.
Die BAG der Fanprojekte mahnt erneut zur Sachlichkeit und der Abkehr von der aktuellen „Gewalt in Stadien“-Hysterie. Gewalt ist ein gesellschaftliches Phänomen, welches keineswegs nur im Stadion zu finden ist, sondern auch in jedem anderen Bereich.
i.A. Thomas Beckmann / Matthias Stein
BAG-Sprecher